www.stolzverlag.de

Extra-Njuuslätta Nr. 19 – Januar 2009

 
07. Januar 2009
Extra-Njuuslätta Nr. 19 – Januar 2009
Kategorie: Newslettertexte
Was mich der Jahreswechsel
gelehrt hat

Liebe Lehrer! Liebe Eltern!

Zum Jahreswechsel haben wir einander alles Gute gewünscht. Was »das Gute« sein soll, können wir auf Nachfrage nur nebulös umschreiben. Allenfalls der überraschend eintretende Verlust von etwas schärft die Sinne. Materielle Schäden kann man ausgleichen, Immaterielles ist nicht in jedem Fall ersetzbar, Gesundheit läßt sich oft nur eingeschränkt wiederherstellen, Leben grundsätzlich nicht.

Da hat mir persönlich der aktuelle Jahreswechsel gleich zwei schmerzhafte Lektionen erteilt. Ich bekam die Verletzlichkeit allen Daseins vor Augen geführt, sowie die ergebene Hilflosigkeit, mit welcher der Mensch gewisse Entwicklungen einfach nur abwarten kann. In solchen Situationen ist zu erfahren, wie wenig wir wissen und vermögen: unser Sicherheits- und Allmachtsgefühl ist fragil, eine Illusion. Und doch: erst aus der Erfahrung um die Zerbrechlichkeit des Daseins schöpfen wir Kraft.

Noch vor Jahreswende besuchte ich meine 97jährige Patentante — diesmal im Krankenhaus, wohin sie nach einem Schlaganfall eingeliefert worden war. Memento mori. Dies das eine.

Dann machte ich am fünften Tag des Jahres 2009 mit meinem vierbeinigen Begleiter eine hübsche Runde über Wald und Dorf. Etwa 24 Stunden später bewahrheitete sich ein schrecklicher Verdacht: mein Hündchen mußte unterwegs in einem unbewachten Moment einen Giftköder verzehrt haben. Die Beschreibung dessen, was wir in den folgenden Nachtstunden erlebten, will ich dem Leser ersparen. Den intensiven Blutgeruch werden wir wohl so rasch nicht vergessen können. 

Tiere ergeben sich in seltsam berührender Weise ihrem Schicksal. Das fast leblose Tier blieb in der Tierarztpraxis, wo es entsprechend notversorgt wurde. Beim Verlassen des Hauses hatte ich jede Hoffnung auf das Überleben meines Hundes verloren. Und dennoch: er hat den Kampf gegen das Gift gewonnen! Bis zum heutigen Tage recht geschwächt, verweigert er Wasser und Futter. Aber heute früh bellte er erstmals wieder den Besucher an, der an unserer Haustür klingelte. Was für ein Zeichen! Wer seinen Besitz lautstark verteidigt, will zu den Lebenden gehören!
Und ebenfalls beinahe ein Wunder ist die Botschaft, dass eine knapp Hundertjährige dieser Tage das Krankenhaus verlassen wird können … 

Dies also waren die ersten Lektionen, die mir das noch junge Jahr 2009 erteilt hat: Glück und Unversehrtheit sind keine Gegenstände einer wie auch immer gearteten »gerechten« Zuteilung oder Lebensplanung. Glück kommt und geht wie und wohin es will. Das heißt aber nicht, daß wir uns künftig nicht mehr anstrengen sollen: Selbstversagung im Kleinen macht glücklich. Wer wüßte das besser als ein Läufer, der gerade ins Ziel kommt:

Karin Pfeiffer

 



Alle Informationen ohne Gewähr
http://www.stolzverlag.de/de_blog_permalink_292.html