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Ein Schulhofkrimi

 
06. Dezember 2011
Ein Schulhofkrimi
Kategorie: Anekdoten

 

Die List des Schulleiters

Lebensklugheit gepaart mit humorvoller Listigkeit führt im Leben oft weiter als beintrockene Gespräche. Ein Exempel dafür ist folgende Geschichte, die Frau Prasuhn für uns aufgeschrieben hat:

Vor einiger Zeit erfuhr ich vom Tod des Rektors an meiner ehemaligen Schule. Sofort kamen mir viele Erinnerungen an diesen freundlichen, humorvollen Mann, bei dem kaum ein Tag vergangen war, an dem er uns Kollegen oder seine Schüler nicht zum Lachen gebracht hatte. Für Wortspiele, lustige Verse und vor allem Witze hatte er eine besondere Vorliebe. Nie ging ihm der Vorrat aus, immer hatte er Nachschub auf Lager. Er konnte aber auch streng sein, wenn dies notwendig war. Darum hatten die Schüler durchaus Respekt vor ihm.


Einige Klassenräume unserer Grundschule waren aus Platzgründen aus dem Hauptgebäude ausgelagert. Das Nebengebäude befand sich mehrere Kilometer entfernt in einem anderen Ortsteil. Dort spielte sich eines Tages ein Vorfall ab, der nicht ganz ungefährlich war. Ein paar Jungen hatten am Nachmittag auf dem Schulgelände gespielt. Aus Übermut steckten sie den Inhalt einer Mülltonne in Brand; diese stand dicht am Gebäude. Man hatte die Übeltäter beobachtet und konnte deshalb eine genaue Beschreibung der Burschen abgeben. Schon am folgenden Tag hatten sie Rede und Antwort zu stehen. Freilich wiesen sie alle Verdächtigungen entschieden zurück. Sie seien überhaupt nicht an der Schule gewesen, nichts von all den Unterstellungen treffe zu, wer auch immer es gewesen sei - sie hätten nichts angestellt.
Die Brandstifter blieben bei ihrer Aussage, wohl wissend, daß ihnen nicht beizukommen war, wenn einer des andern Alibi stützte. Schließlich mußte besagter Rektor eingreifen. Vor einer solchen Respektsperson würde der kindliche Widerstand zusammenbrechen, so hofften wir. Die Tat war einfach zu gefährlich als daß man sie auf sich selbst hätte  beruhen lassen dürfen.
Und tatsächlich, schon nach kurzer Intervention hatte unser Schulleiter Erfolg. Die Beschuldigten gestanden.
„Und die haben vor Ihnen alles gleich zugegeben?" fragten wir erstaunt. „Was zugegeben?" war die verschmitzte Gegenfrage. „Nun, daß sie die Mülltonne angezündet haben." – „Das habe ich gar nicht gefragt", meinte der Rektor. "Ich habe die Burschen nur freundlich begrüßt und dann interessiert wissen wollen, womit sie das gemacht haben – ob mit Feuerzeug oder Streichhölzern. Und sofort kam als fachkundige Antwort: mit dem Feuerzeug!"

Ursula Prasuhn

 

 
 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von Kathrin Berger (06. Dezember 2011, 21:13):
Wo kriegt man bloß einen solchen Rektor her, der jeden Tag für Lachen sorgt? Auch ich habe mich am Schluss des Schulhofkrimis ausgeschüttet vor Lachen. Auf so eine einfache, aber geniale Idee muss man erst mal kommen.
 
von Marion (07. Dezember 2011, 16:16):
Die schönsten Geschichten schreibt doch immer wieder das (Schul-)Leben selbst.
 
von Lehrerin (07. Dezember 2011, 20:40):
Durch den "Schulhofkrimi" fiel mir ein eigenes Erlebnis ein.
In den großen Pausen kam es an unserer Schule immer wieder vor, dass Kindern etwas aus dem Ranzen stibitzt wurde. Manchmal waren es nur Süßigkeiten oder Brote, manchmal aber auch kleinere Geldbeträge. Darum ermahnte ich meine Schüler immer, Geld und sonstige Wertgegenstände während dieser Pausen einzustecken und mit nach draußen auf den Schulhof zu nehmen. Als einige Tage lang wieder dies und jenes fehlte, geriet ein Mädchen in Verdacht, weil es sich wiederholt mit der Bitte, auf die Toilette gehen zu dürfen, die Rückkehr ins Schulgebäude verschafft hatte.
Am vierten Tag fehlte ein Portemonnaie und ich überlegte mir, was zu tun sei. Bisher hatte das Mädchen alles abgestritten. Ich bestellte es nun zu einem Gespräch unter vier Augen und sagte ihm sorgenvoll auf den Kopf zu, dass es sich bei diesem Portemonnaie um keine Kleinigkeit mehr handle, weil in ihm mehr als 100 Euro gewesen seien. “Das stimmt gar nicht!”, verteidigte sich das Kind, “es waren nur 80 Cent”.
 
von Bettina Schreiber (10. Dezember 2011, 13:48):
Hat das bestohlene Kind nach Bemerken des Klaus denn nicht spontan gesagt, dass im Geldbeutel nur 80 Cent waren? Und haben Sie dies nicht auch sofort wissen wollen, Frau Kollegin?
Dadurch musste der diebischen Elster doch klar sein, dass die Sache mit den 100€ nur ausgedacht war.
 
von Lehrerin (12. Dezember 2011, 19:33):
Was Sie einwenden, Frau Schreiber, stimmt genau. Es war so, wie Sie vermuten. Trotzdem hat bei Grundschülern so ein Trick noch gute Aussicht auf Erfolg. Sie sind meist noch nicht gewieft genug, um im Moment der Überraschung genügend rational und beherrscht zu reagieren.
 
von U. P. (12. Dezember 2011, 22:40):
Mich beschäftigt die Frage, ob Lehrer oder auch Eltern mit Lügen operieren dürfen, um der Wahrheit ans Licht zu verhelfen.
 
von Marion (14. Dezember 2011, 20:23):
Gute Frage. Man darf es meiner Meinung nach auch zum Zwecke der Wahrheitsfindung nicht tun, sonst wird man selbst unglaubwürdig.
 



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