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Höchste Zeit für Ferien!

 
26. Juni 2012
Höchste Zeit für Ferien!
Kategorie: Anekdoten

Ende Juni im Lehrerzimmer

Man merkt — das Schuljahr neigt sich seinem Ende zu. An der Stirnseite im Lehrerzimmer befindet sich ein offenes Regal, wo sich im Laufe der Monate so allerlei angesammelt hat. Zwischen vergilbten und verknitterten Matrizen lauern zwei Stinkbomben, daneben lagern drei Plastikspritzengehäuse. Einige Bücher haben bei einer günstigen Gelegenheit ihren aufrechten Stand verlassen. Auf ihnen lagern bunte Plastikheftumschläge, Schülerhefte, Folien, Auswertungsbögen, Kartons und anderer Krimskrams. Ein rotes Bonbon schmiegt sich in einen Winkel aus steifem Blech, der von einem Schreibpult abmontiert worden ist.
Auf dem Topregal türmen sich großformatige Zeichenbögen, deren verknickte Ecken wie schlabbrige Eselsohren herabhängen ins Stockwerk darunter. Eine halbleere Tüte mit weißem Zucker lugt hinter den Mathebüchern hervor. Die Multivitamine sind aufgebraucht, die leere Kapsel steckt zwischen den Tennisbällen, die ein Kollege mal mitgebracht hat, wozu, das hat er wohl selbst vergessen. Zwei Wollstrickhandschuhe ringen mit einer dicken Infobroschüre des Kultusministers um Platz auf dem untersten Regalbrett.
Besonders breit machen sich zwei Fußbälle, die dem Auge die Sicht auf einen halbgeöffneten Karton versperren. Inzwischen weiß ich, wo die neuen Tafelkreiden zu finden sind. Eine Ringmappe hat es sich auf einer Plastiktüte mit der Aufschrift Tengelmann gemütlich gemacht, und daneben findet sich ein roter Kerzenstummel vom Adventskranz.
Nicht viel besser als in den Regalen sieht es auf dem Tisch aus. Zwischen Kaffeetassen und Kuchenkrümeln sind Bücher, Papier, Büroklammern, Locher und andere Gegenstände verstreut, deren Aufzählung jeden Rahmen sprengen würde. Es ist allerhöchste Zeit, daß die Ferien beginnen. Dann wird endlich aufgeräumt.

Karin Pfeiffer
(1982)


 

 




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