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Aus alten Schulbüchern

 
13. Mai 2012
Aus alten Schulbüchern
Kategorie: Besinnliches

 Mutterhände

Wir hatten einen Aufsatz zu schreiben über die Mutterhände. Den Aufsatz vom Dirndl in Tobl las uns der Lehrer vor. Sie hatte geschrieben:

Mutterhände
Mit der einen Hand macht die Mutter Butter. Mit der anderen hält sie die Bibel auf dem Schoß. Mit der anderen flickt sie Vaters Stalljoppe. Mit der anderen flicht sie mir die Zöpfe, bevor ich in die Schule gehe ...

»Mit der anderen«, sagte der Lehrer lächelnd. Wir grinsten. »Dirndl, ei, deine Mutter muß wohl tausend Hände haben. So viele Hände! Wieviel denn eigentlich?« Das Dirndl sagte unbeirrt:
»Zwei für den Vater. Sechs Kinder haben wir; auch für jedes zwei Hände. Küche, Stall und Feld, auch wieder für jedes zwei. Zwei für die armen Leut'. Und zwei für den Herrgott, wenn sie beten tut.«
Wir grinsten nicht mehr. Der Lehrer schaute lange sinnend über uns hinweg. Dann sagte er ernst: »Dirndl, wenn das so ist, dann wird der liebe Gott auch für deine Mutter einmal zwei Hände haben, zwei volle gnadenreiche Segenshände. Und du, du hast den besten Aufsatz geliefert. Note eins mit Stern, vorzüglich. Und grüße mir deine tapfere Mutter daheim.«

Quelle:
Die sieben Ähren. Lesebuch für katholische Volksschulen,
3. Schuljahr; Pädagogischer Verlag Schwann, Düsseldorf 1954
Seite 79

 



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