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16. September 2012 |
Kategorie: Erziehung |
Zweideutige Signale führen zu Missverständnissen Schlechte Sprachgewohnheiten Ein weiterer Aspekt sind unsere Sprachgewohnheiten: »Könntest du dich vielleicht mal bitte ein bisschen beeilen?« Mit diesem Satz, der auf den ersten Blick nicht weiter ungewöhnlich wirkt, versuchte eine meiner Kindergartenmütter ihren 3jährigen Sohn jeden Morgen zur Eile anzutreiben – vergeblich übrigens! Aber was sagt dieser Satz wirklich aus? Zunächst ist er, grammatisch gesehen, eine Frage. Auf eine Frage gibt es in der Regel mehr als nur eine Antwort. Stellen wir uns vor, das Kind nimmt uns beim Wort und beantwortet diese Frage mit »Nein«! Schon ist es ungehorsam und frech. Dazu kommt, dass unsere Körpersprache, unser Tonfall bei einem solchen Satz keineswegs dem Inhalt der Aussage entspricht. Selbstverständlich ist dieser Satz weder als Bitte noch als Frage gemeint, sondern als eindeutiger Befehl, um es drastisch auszudrücken. Es ist eine Anweisung, die das Kind zu befolgen hat. Mit dieser Formulierung signalisieren wir dem Kind jedoch etwas vollkommen Widersprüchliches. Zusätzlich verlangen wir von unserem Kind, dass es eigenständig unsere unkorrekte Formulierung interpretiert und nach dieser möglichen Interpretation handelt. Wir fordern also das Kind auf, uns Erwachsene nicht beim Wort – also nicht ernst zu nehmen, weil wir das, was wir sagen, natürlich ganz anders meinen. Welch eine unzumutbare Überforderung! Kein Wunder, dass dieser, eigentlich äußerst nette, umgängliche 3jährige in seiner Verzweiflung nur noch mit Protest, demonstrativer Langsamkeit oder aber gar nicht reagiert! Wie einfach – für Mutter und Kind – wäre es zu sagen: »Bitte beeile dich, ich muss schnell zur Arbeit.«
Diese Textpassage ist folgendem (empfehlenswerten) Buch entnommen: Sibylle Jessen. Ein Elternbuch. Auf jede Frage gibt es eine Antwort. Wagner Verlag, ISBN 978-3-86279-088-3
| Anmerkung: Doppelbotschaften, die in der Erziehung immer negative Folgen haben, resultieren nicht selten aus einer Befehlsschwäche des Erwachsenen. Eltern (und auch Lehrer), die zu Doppelbotschaften neigen, haben Angst vor der eigenen Autorität. Sie wollen geliebt werden, wünschen sich gleiche Augenhöhe zu ihrem Kind und möchten keine Befehle oder Verbote aussprechen. Ihre wohlmeinenden, oft wortreichen Erklärungen und fast flehende Bitten werden vom Kind jedoch nicht verstanden. Das Kind kann nicht selbst erahnen, was der Erwachsene von ihnen will. Dieser aber verweigert eine eindeutige Sprache aus Furcht davor, die Zuneigung des Kindes zu verlieren. Die Folge aber ist nicht Liebe, sondern Verwirrung und Zorn auf seiten des Kindes. Aus dieser Führungsschwäche resultiert die Umkehrung der Verhältnisse – der Erwachsene hofft, das Kind möge ihn verstehen. Das erträgt kein Kind. Kinder wünschen sich starke Eltern. Und starke Lehrer ... KP | | |
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