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Buch, Bildung, Bildschirm

 
20. August 2011
Buch, Bildung, Bildschirm
Kategorien: Schule | Erziehung

Als ich heute meine Morgenrunde ging — ich richte mich da nach den Bedürfnissen meines Hundes — begegnete ich der Nachbarin, die ebenfalls mit ihrem Vierbeiner unterwegs war. Wir sprachen dies und das und landeten dann beim Thema Kinder. Meine Nachbarin berichtete mir von einem ihrer Bekannten, deren Dreijähriger bereits einen Computer besäße. »Aber keinen Babycomputer, so'n Plastikdings, sondern einen richtigen.« Sie fände dies überflüssig. Ein Kind müsse doch zuerst einmal mit den realen Dingen des Lebens konfrontiert werden. Ich stimmte ihr zu.

Wie kommt es zu diesen grotesken Verirrungen im Umgang mit Kleinkindern?

Das Fernsehen und sein gesteigertes Potential, der Computer mit Internetanschluß, erzeugen die uralte Illusion vom mühelosen Lernen. Wenn allein passives Hingucken schlau machen würde, könnte mein Hund das Abendessen kochen, den Tisch decken sowie mit Gabel und Messer essen. Denn bei diesen Tätigkeiten beobachtet er mich täglich mit größtem Interesse und gesammelter Aufmerksamkeit.

Lesen kontra Fernsehen
Der Bildschirm appelliert an unsere Trägheit, und zwar gleich in zweifacher Hinsicht: nicht denken müssen, sich nicht bewegen müssen. Fernsehen und Internet können eine Art Fluchtweg darstellen, auf dem man sich aus der mühsamen Realität fortstiehlt.
Lesen hingegen macht Mühe. Die Gedanken des Lesenden richten sich konzentriert auf eine innere Welt der Bilder, die bei der Lektüre entstehen. Ein Leser kann derart in seine Lektüre versunken sein, daß er die Umwelt nicht mehr wahrnimmt.

Sehen ist anspruchsloser als Lesen. Die fertigen Bilder können im Betrachter den Eindruck erwecken, man verstehe alles, ohne viel darüber nachzudenken zu müssen. Die meisten der abgebildeten Dinge sind uns vertraut, und über Vertrautes muß man nicht nachdenken. Der kontinuierlich einwirkende optische Reiz hat außerdem etwas Einschläferndes. Denken wir an den Reisenden, der im Zug aus dem Fenster schaut. Er kann die vorbeifliegende Landschaft betrachten und doch nicht über das Gesehene nachdenken.

Beispiel aus dem Fernsehalltag: Nach einer Kindersendung kommt eine Wissenschaftssendung. Der Fünfjährige bleibt vor dem Fernseher sitzen. Stellen wir uns nun vor, dasselbe Kind hat einer Geschichte für Kinder zugehört, die über den Rundfunk ausgestrahlt wird. Es hat die Worte nur über das Ohr aufgenommen, das Gehirn hat sich seine eigenen Bilder dazu gemacht. Es folgt ein wissenschaftlicher Vortrag über Moleküle. Wird das Kind ebenfalls vor dem Radiogerät sitzen bleiben und zuhören?

Karin Pfeiffer



Kommentare zu diesem Beitrag:
von Hester (09. Juli 2017, 02:49):
Haahhaha. I'm not too bright today. Great post!
 



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