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Die eigentlichen Aufgaben der Schule

 
23. September 2010
Die eigentlichen Aufgaben der Schule
Kategorien: Schule | Besser lernen

Von der Wichtigkeit des praktischen Übens

Besonders wichtig sind heute Übungen, durch welche die sprachlichen Kompetenzen der Schüler im mündlichen wie auch im schriftlichen Bereich trainiert werden. Nur wer sich mündlich und schriftlich sicher und gewandt ausdrücken kann, wird »das Lernen lernen«. Die Beherrschung von Sprache in Wort und Schrift wird allein durch beständiges und hartnäckiges Lernen und Üben erreicht. Das ist ohne eigenes Zutun, ohne eigene Anstrengung nicht möglich.

Praxistraining ist jedem theoretisierenden Unterricht weit überlegen. Sprachbetrachtung sollte erst zu einem Zeitpunkt einsetzen, wenn sich eine gewisse praktische Sprachkompetenz entwickelt hat, niemals umgekehrt. Beim Erwerb eines Führerscheins ist das für jeden leicht nachzuvollziehen. Das Autofahren muß praktisch geübt werden und noch einmal geübt: auf der Straße, mit dem Lenkrad in der Hand. Es ist denkbar, daß jemand lernt, ein Auto zu lenken, ohne eine einzige Stunde Theorie »genossen« zu haben. Umgekehrt wird keiner dadurch praktisch verkehrstauglich, der rein theoretisch unterwiesen wurde.

Betrachten wir nun die Vorgehensweise an der modernen Schule: im fortschrittlichen Unterricht sollen Kinder das Lesen und Schreiben durch bloße »Anschauung« lernen, durch »Besprechen« und »Diskutieren«, durch Lernen von »Regeln«. Man lernt viel ÜBER das Schreiben, aber das SCHREIBEN selbst wird vernachlässigt. (Ähnliches gilt auch für andere Unterrichtsinhalte, insbesondere für Mathematik.) Mit guten Erklärungen meint man Zeit einsparen zu können. Reines Üben wird als Zeitverschwendung betrachtet. Lesen und Schreiben sind tatsächlich zeitintensive Tätigkeiten. Jedoch ist es unmöglich, die Kompetenz bei Kindern beschleunigt »erzeugen« zu können durch theoretisierende Unterrichtsformen.

Was man unterrichten kann und was nicht
Die heute weitverbreitete Absicht ist es, Kinder meinungsbildend in allen möglichen Lebensbereichen zu »unterrichten«: Umweltschutz, friedliches Zusammenleben, Abstinenz von Drogen und Alkohol, politische Kultur, Religion, Barmherzigkeit gegenüber den Armen ... Dies alles betrifft die persönlichen Einstellungen, die, nebenbei gesagt, doch nur ein Erwachsener haben kann, der sich intensiv informiert hat und ein gewisses Bildungsniveau besitzt. Kinder mit solchen politischen Themen zu konfrontieren, heißt, das Pferd von hinten aufzäumen wollen. Ginge es allein nach den Worten, wir hätten eine perfekte Welt! Schon Aristoteles wußte, daß Tüchtigkeit nur im Handeln selbst erworben wird, und daß wir handelnd auch unseren Geist bilden. Kurz: die sittliche Haltung eines Menschen wird nicht durch theoretische Unterweisung geformt, sondern durch das Leben selbst.

Was die Schule allerdings kann, was ihre eigentliche Aufgabe wäre, ist einer größtmöglichen Anzahl von Kindern die kulturellen Grundkenntnisse bestmöglich zu vermitteln. Hier liegt einiges im argen, was jedoch nicht den Lehrern selbst anzulasten ist — das sollte deutlich herausgestellt werden. Jede Zeit hat ihre Modeerscheinungen, ihre Torheiten, ihre Irrtümer. Der grundlegende und folgenreiche pädagogische Irrtum unserer Zeit äußert sich in der Auffassung, Kinder hätten in der Schule weitaus Wichtigeres zu lernen als das Lesen und das Schreiben. Demensprechend sei das Üben ebendieser Fertigkeit Zeitverschwendung.

Vom selbständigen Lernen
Obwohl uns heute mehr Material denn je zur Verfügung steht, um Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, offenbart sich ein Mangel dort, wo »echte« Eigenaktivität verlangt wird; dabei wird so viel wie nie von »selbständigem Lernen« geredet. Gerade das aber macht stutzig, denn verbale Beschwörungen signalisieren in der Regel einen Mangel. So kann das bloße Kreuzchenmachen oder Lückenfüllen auf den bis ins Detail vorgefertigten Arbeitsblättern wohl kaum als »selbständiges Lernen« bezeichnet werden — es ist eher dessen Gegenteil. Als Mittel zur Übung schriftlicher Kompetenz versagt es augenfällig. Weshalb werden diese Lückentexte dann immer noch im Unterricht eingesetzt? Die Antwort ist so einfach wie ernüchternd: sie sind praktisch und zeitsparend.

Wie sähe Eigenaktivität im Deutschunterricht aus? Etwa so: der Schüler schreibt die Übungen ganzheitlich in Schulhefte, er schreibt ganze Texte ab von fehlerfreien Vorlagen, er formuliert umfangreiche und vollständige Antworten zu Fragen, die er ebenfalls aufschreibt. Er liest ganze Bücher und macht Notizen dazu. Er schreibt Zusammenfassungen. Er schreibt nach Diktat, und das regelmäßig. Er schreibt Aufsätze. Das sind eigenständige Tätigkeiten, die die ganze Einsatzkraft des Schülers fordern! Das sind Tätigkeiten, die seine Sprachkompetenz fördern und festigen!
Aber leider ist diese Art von Unterricht unbequem, für Schüler UND Lehrer. Das Überwachen und Korrigieren von Schülerheften ist zeitraubend. Man muß genau hinschauen, konzentriert nachlesen, und auch dafür scheint keine Zeit mehr da zu sein. Wir wissen das. Weshalb wundern wir uns aber dann, wenn unsere Schüler als logische Folge untauglicher Unterrichtsmethoden immer schwächere Leistungen im Lesen und Schreiben zeigen?

Ich ziehe ein vorläufiges Resümee:

Wenn es uns ernst ist mit der Absicht, unsere Schulkinder im Lesen und Schreiben zu unterweisen, müssen wir sie auch lesen und schreiben lassen.

Wir wählen Aufgaben und Übungen, die von einem erzählenden Text ausgehen und konsequent zu diesem zurückkehren.

Wir nehmen uns für diese wichtigste aller Aufgaben Zeit.

Wir geben einen klaren Leistungsrahmen vor, damit dafür gesorgt ist, daß sich die Schüler (nicht umsonst!) anstrengen.

Wenn wir dies alles beherzigen, werden wir sehen: die meisten Schüler werden die Herausforderung gern annehmen, denn jetzt spüren sie die Anteilnahme des Erwachsenen! Hier wächst heran, was im späteren Leben so wertvoll ist: Verantwortung auf sich zu nehmen, im Positiven wie im Negativen. Wenn Kinder spüren: das Lernen, das ist keine Spielerei, das ist ernst! Darin eingeschlossen ist nicht nur der Erfolg, sondern auch das Scheitern. Und plötzlich ist er sichtbar, der Sinn für das eigene Handeln. Ein Schulunterricht, der so gestaltet ist, ist nicht repressiv, sondern sinngebend. Die Schüler fühlen sich ernstgenommen.

Nicht nur Erwachsene fühlen sich unglücklich, wenn sie keine sinnvolle Aufgabe haben. Auch Kinder wollen nicht bloß beschäftigt oder beaufsichtigt sein. Zerstreuung bietet sich in der Freizeit im Übermaß an, hier darf die Schule nicht eine Art Konkurrenz aufbauen wollen unte dem Motto: Wir können es besser als die Zerstreuungsindustrie.
Kinder wollen etwas Sinnvolles leisten. Darin unterscheiden sie sich, wie gesagt, nicht von den Erwachsenen.
In dem Maße, wie wir Kindern etwas zu leisten abverlangen, das sie in einem klar strukturierten Schulalltag aus eigener Anstrengung zu tun imstande sind, wird auch deren Neigung zu Aggression und »Mobbing« schwinden. Dazu gibt es bereits aussagekräftige Untersuchungen.

Karin Pfeiffer

Anmerkung:
Dieser Text ist erstmals 2007 erschienen und kommentiert worden. Nach wie vor ist die Aussage von brennender Aktualität. Deshalb sei der Beitrag hier noch einmal eingestellt.
 
 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von Christoph Schatte (12. August 2007, 18:48):
"In dem Maße, wie wir Kindern etwas zu leisten abverlangen, das sie in einem klar strukturierten Schulalltag aus eigener Anstrengung zu tun imstande sind, wird auch deren Neigung zu Aggression und "Mobbing" schwinden."
Ja eben! Kinder wollen sich beweisen. In der normalen Schule durften sie das noch im Unterricht. Heute dürfen sie es - dank Reformpädagogen etc. - dort nicht mehr, also beweisen sie sich auf dem Schulhof.
 
von gesine müller (05. Oktober 2007, 16:14):
Liebe Frau Pfeiffer,
ich "verschlinge" Ihre Kommentare, weil sie witzig, bissig und leider so wahr sind! Endlich mal jemand, der schreibt, wie es wirklich in der Schule aussieht! Warum können Sie nicht mal den "Oberen", die sich am Grünen Tisch ständig sogenannte Neuerungen für die Schule ausdenken, sagen, was ihre "Reformen" wert sind?!
Mich würde brennend Ihre Meinung zu "Qualitätsmanagement", "AQS", "VERA" und ähnlichem interessieren!
Oder was halten Sie zum Beispiel davon, dass die Lehrer jetzt jedes Kind selbst entscheiden lassen sollen, wie viele Wörter sein Diktat enthält? Für jeden soll ein individueller Förderplan aufgestellt werden, an dessen Ende die "Kompetenzstufe" steht, die es erreicht hat (Also nix mehr mit den üblichen Zeugnissen!.
Beantworten Sie mir doch die Frage:Warum sitzen so viele Schildbürger (mit Dr.-Titel!!!) im Bildungsministerium, gibt es denn keine vernünftigen Leute, die sich gegen sie durchsetzen???
Freundliche Grüße und verstummen Sie bitte nicht!
 
von Karin Pfeiffer (11. November 2007, 08:19):
Liebe Frau Müller!
Qualitätsmanagement: dieser aufgeblasene Null-Begriff! Wem nutzt es außer jenen, die das ersinnen, herstellen, ausführen, auswerten – und dafür aus Steuergeldern bezahlt werden? Da haben Sie meine Antwort, sie steht für alles, was in diese Schublade gehört, unter welchen „klangvollen“ Namen auch immer.
Der Zwang, alles messen und kontrollieren zu wollen – „Testeritis und Evaluationitis“ nennt es Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, hat etwas Zwanghaftes und mündet in einen kollektiven Wahn, dem sich heute jeder einzelne Lehrer, jede einzelne Lehrerin, mit all seiner Kraft aktiv entgegenstemmen sollte! Weshalb lassen Sie sich das eigentlich gefallen?

Wer denkt noch an die Kinder? Als Mittel zum Zweck (des sich Wichtigtuns und wirtschaftlichen Zugewinns), werden sie durch Interessengruppen instrumentalisiert, gemessen, gewogen und katalogisiert. Und wenn sie später im praktischen Leben versagen, weil man sie nicht LERNEN ließ, gibt man ihnen auch noch die Schuld für eigenes Versagen; Sollten sie nicht „selbstverantwortlich“ lernen? Die sogenannte Selbstverantwortung, das goldene Kalb, um das die fortschrittliche Pädagogik tanzt! Das Bild aber hat einen Schönheitsfehler: Selbstverantwortung kann nur jener tragen, der dazu in die Lage versetzt wird. Voraussetzung sind Tüchtigkeit, Wissen, Können. Und diese Tugenden lernend und geduldig übend zu entfalten wird den Schülern an den öffentlichen Schulen nicht ermöglicht, da bürgerliche Tugenden seit Jahrzehnten als obsolet und elitär gelten. Dabei sind sie Grundlage für unsere Kultur, Basis für das Gedeihen von Gesellschaft und Wirtschaft.

Warum die Politiker sich einmischen? Das kann ich Ihnen sagen: weil sie sich inzwischen überall in das private Dasein der Menschen einmischen (Rauchen!), weil sie nichts anderes zu tun haben und daran auch noch glänzend verdienen. Es ist nichts anderes als ein Geschäft, das durch die mangelhafte Organisationsform der heutigen Demokratie geradezu herausgefordert wird. Alle Menschen tun das besonders intensiv, woraus sie ihren Nutzen ziehen können. So also auch die Politiker. Die Interessen von Lehrern, Schülern und Eltern interessieren sie dabei herzlich wenig, wie sollte das auch anders sein.
Nun muß man dies wissen und dem auch ins Auge schauen können. Das ist der erste Schritt zu einer echten, befreienden Sicht der Dinge, und vielleicht auch zum Handeln.

Nein, liebe Frau Müller, ich werde nicht verstummen. Sofern mich niemand dazu zwingt, was man ja auch nicht wissen kann.

Alles Gute, bleiben Sie stark,
Karin Pfeiffer
 
von Gesine Müller (13. November 2007, 17:37):
Ich bedanke mich für den von mir sehr geschätzten
Pfe(i)ffer zur Lage der Schulpolitik!
Ja, warum lassen wir uns das gefallen?
Als Sündenbock eignet sich diese Berufsgruppe doch hervorragend. Schließlich war ja jeder mal Schüler und kann beurteilen, was in der Schule zu tun ist. Warum sollte man daran etwas ändern?!
Wo ist unsere Lobby???
 
von K. Moitje (25. September 2010, 12:11):

Guten Tag Frau Pfeiffer-Stolz,

Ihre Aussagen zu den "eigentlichen Aufgaben der Schule" teile ich voll und ganz.

Allerdings überschätzen Sie aus meiner Sicht die Möglichkeiten einer einzelnen Lehrkraft, den Bildungsvorgaben der Ministerialbürokratie oder dem "modernen" Lernen kritisch zu begegnen.

Es ist doch schon so, dass angehende Lehrkräfte in größte Turbulenzen geraten, wenn sie in ihrer Lehrerausbildung gegen den "Strom schwimmen", indem sie z.B. in einer Lehrprobe nicht die "neuesten" methodischen Erkenntnisse der Seminarleitung berücksichtigen.
Inzwischen werden in zahlreichen Bundesländern die Schulen besichtigt. Wenn Sie sich anschauen, was dort unter "modernem" Unterricht verstanden wird, kommen Sie als Lehrkraft und auch als Schule gar nicht umhin, als sich anzupassen.
Die Lehrkräfte müssen auch an ihr "Überleben" in diesem System denken.
Wo höre ich denn in diesem Zusammmenhang kritische Stimmen von den großen Lehrerverbänden? Ja, der Philologenverband und sein Vorsitzender Kraus melden sich u.a.in Talkshows schon kritisch zu Wort.
Wo bleiben aber die GEW oder der VBE? Diese Organisationen reden doch diesen "modernen" Entwicklungen geradezu das Wort.

Wie sehr die Medien den bildungspolitischen Weltverbesserern auf den Leim gehen, habe ich kürzlich bei "Quarks und Co" gesehen. Dieses Format beschäftigte sich in einer dreiteiligen Serie mit der "Schule von heute".
Dort wurde zwar zutreffend festgestellt, dass Kinder von heute nicht mehr annähernd so ordentlich schreiben wie Kinder vor 30 Jahren, aber es wurde auch behauptet, dass heutige Schüler kreativer schreiben würden. Die intensive Handynutzung (simsen)würde den Wortschatz erweitern.
Ja, wer als Lehrkraft immer wieder erlebt, wie gängige Aufsatzformen ("Erlebnis- oder Fantasieerzählung", Reizwortgeschichten" und "Märchen schreiben") die heutige Schülergeneration eben wegen ihres fehlenden Wortschatzes überfordern, kann oben getätigte Aussage nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen.

Frau Pfeiffer-Stolz, Sie sollten sich einmal zu einer Talkshow einladen lassen und Ihre Sicht zur Verbesserung des Bildungssystems darlegen.
Ich gehe davon aus, dass Sie dann sicher nicht in den Chor einstimmen, der gebetsmühlenartig mehr Geld fordert. In Ihrer Wunschliste würden Sie bestimmt andere Prioritäten setzen.

Noch eine letzte Bemerkung: Nach meiner Kenntnis sind Sie der einzige Verlag in Deutschland, der immer wieder ganz offen Fehlentwicklungen in der Bildung anspricht und sich erfreulicherweise strikt weigert, scheinbar besonders moderne Methoden des Lernens wie z.B. den Computereinsatz in der Grundschule (Schreiben und Lesen lernen)oder die so genannten offenen Unterrichtsformen zu vermarkten.
Dafür gebührt Ihnen großer Dank, denn Sie verzichten damit ja auch auf zusätzliche Umsätze.

Herzliche Grüße
K. Moitje
 
von M. Steffens (26. September 2010, 22:52):
Guten Abend, Herr Moitje,

Sowohl Sie als auch Frau Pfeiffer sprechen mir (und sicher vielen Kollegen) aus der Seele. Darum: Herzlichen Dank Ihnen beiden!!
Ich glaube allerdings, Herr Moitje, dass es keinen anderen Weg gibt, unsinnige ministerielle Bildungsvorgaben zu stoppen, als mutig gegen sie vorzugehen. Dies ist trotz all Ihrer Bedenken vor allem die Aufgabe von uns Lehrern. Frau Pfeiffer tut zwar ihrerseits enorm viel, doch sie steht auf ziemlich verlorenem Posten, wenn wir Lehrer nicht mitziehen und uns lieber aus Vorsicht bedeckt halten.
Dies kann auf Dauer nicht funktionieren. Es stimmt zwar, dass Lehrer - vor allem unsere Junglehrer - sich gewissen Gefahren aussetzen, wenn sie Widerstand leisten, doch auch hier gilt die Regel: Keine Chance ohne Risiko.
Ich denke, wir schauen immer zu sehr auf die bedrohende und zu wenig auf die belohnende Seite der Medaille.

Wahrscheinlich spielen aber noch ganz andere Dinge eine Rolle. Bei solidarischen Lehrern ist ein Mangel an Mut ziemlich unwahrscheinlich. Darum wage ich die These, dass unsere verbreitete Mutlosigkeit ihre Wurzeln in den Kollegien hat. Viele trauen sich bereits hier nicht mehr, ihre ehrliche Meinung auf den Tisch zu legen, geschweige denn, jenen zu widersprechen, die auf dem Zeitgeist segeln und alles Neue mit den entsprechend abgeguckten Argumenten auf ihre Fahne schreiben. Diesen Kollegen ist kaum jemand gewachsen, weil sie ihre Meinung mit den Zitaten "bedeutender" Fachleute untermauern und somit im Besitz der Wahrheit sind.
Die Furcht vor Repressalien von "oben" scheint mir insgesamt geringer als die vor schiefen Blicken und Getuschel von links oder rechts.

Eine der gravierendsten Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte besteht meines Erachtens nach darin, dass wir Lehrer systematisch entsolidarisiert wurden, indem die Obrigkeit uns weitgehend die Freiheit nahm, selbst zu denken und zu handeln. Heute sind viele von uns mehr Konkurrenten im Handlangern als loyale, selbstbewusste Kollegen.
Dieser Wandel macht gemeinsames, solidarisches Handeln schwer; wir sind jedoch darauf angewiesen, wenn wir der Narrenfreiheit unserer Denker und Lenker nicht weiter tatenlos zusehen wollen.

Nun sage ich wohl besser "gute Nacht", Herr Moitje,
Ihre M. Steffens
 

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