Buchsuche:
  Startseite
 
Tagebuch:
mal ernst, mal heiter
Kunden in der Schweiz Kunden in Österreich Der Stolz Verlag stellt sich vor Kontakt  

Ein X für ein U vormachen

 
15. Februar 2012
Ein X für ein U vormachen
Kategorien: Erziehung | Besinnliches

X für U – von der Verführbarkeit Unmündiger

Wenn ich heute vor Erstklässlern an die Tafel schreibe: 7 + 2 = 10, dann werden es die meisten Schüler in ihre Hefte schreiben, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sie werden schlicht nicht darüber nachdenken.
Ein paar wenige aber werden irritiert schauen, und dann schnellen Finger in die Höhe. Gewiss wird eines von diesen Kindern mich auf den Fehler aufmerksam machen.
Nehmen wir an, ich erkläre jetzt mich ruhiger Selbstsicherheit und mit Nachdruck, dass eine Rechenreform stattgefunden habe, und man nunmehr anders schreibt, als man rechnet. Der Trick sei, sich bei jeder Rechenaufgabe die Zahl 1 hinzuzudenken. Unsere Rechnung ginge dann so: 7 + 2 (+ 1) = 10.
Das wird genügen. Alle werden sie sieben plus zwei gleich zehn in ihre Hefte schreiben. Sie glauben mir, weil ich älter bin, weil ich Lehrerin bin, weil ich es doch wissen muss.
Womöglich sind sogar einige der Eltern von der neuen Rechenweise zu überzeugen, obwohl das von der Sache her schon schwieriger ist. Aber dafür gibt es einen Trick, den man sich aus der Politik abschauen kann: Wer gegen die neue Schreibweise protestiert, ist ein Ewiggestriger und wird als Querulant von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Und schon hat man die Vernünftigen auf seine Linie gebracht.

Verena Katerle


 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von U. P. (16. Februar 2012, 12:52):
Sie haben wunderbar anschaulich erklärt, wie Vernunft heute vielfach außer Kraft gesetzt wird, um folgenschwere Webfehler politischer Ideologien zu verschleiern und kritische Geister durch Diffamierung ins Abseits zu stellen.
Danke, Frau Katerle!
Darf ich Sie trotz meiner Begeisterung auf einen minimalen Fehler im letzten Satz des ersten Abschnitts aufmerksam machen?
 
von Administrator (17. Februar 2012, 11:15):
Danke für den Hinweis! Ist schon korrigiert
 
von Carola Fortschritt (18. Februar 2012, 16:24):
„Wer gegen die neue Schreibweise protestiert, ist ein Ewiggestriger und wird als Querulant von der Gemeinschaft ausgeschlossen. Und schon hat man die Vernünftigen auf seine Linie gebracht.“ Diese Taktik funktioniert tatsächlich bestens und kommt sowohl innerhalb als auch außerhalb der Schule immer mehr in Fahrt.
Warum?
Das altmodische Verfahren, zwischen „richtig“ und „falsch“ zu unterscheiden und dementsprechend zu wählen, ist inzwischen einem moderneren und darum besseren Prinzip gewichen, nämlich dem der Unterscheidung zwischen „alt“ und „neu“. Hier braucht sich keiner mehr den Kopf zu zerbrechen und den Dingen auf den Grund zu gehen. Das haben andere bereits für ihn getan. Hier muss man nur noch Altes abschaffen und Neues einführen und schon ist man auf der richtigen Seite.
Ist das nicht wahrer Fortschritt? Wie überall erleichtert er auch hier das Leben, denn zwischen alt und neu sollte jeder problemlos unterscheiden können. Falls nicht, darf er trotzdem beruhigt sein, denn diejenigen, die ihm das Denken abnehmen, haben auch daran gedacht. Warnend heben sie den Zeigefinger und weisen knapp, aber deutlich auf das Alter und seine Tücken hin. Genauso unmissverständlich machen sie auf das Neue mit seinem frischen Geist aufmerksam.
Mit Ewiggestrigen und Querulanten tut sich der Fortschritt natürlich schwer, obwohl doch jeder moderne Mensch einsehen sollte, welche Erleichterung die simple Unterscheidung zwischen alt und neu darstellt. Ist es da nicht ein Gebot der Nächstenliebe, dass man die Vernünftigen, sprich: Belehrbaren, auf seine Linie bringt?
 
von Lehrerin (19. Februar 2012, 08:34):
Da muss ich an die Zeit denken, als ich zu unterrichten begann. Es hat mich völlig überrascht, dass sie mich ernstgenommen haben. Die Schüler machten, was ich sagte, jedenfalls die meisten. Und sie taten es meist ohne Widerrede. Da denke ich gerade, dass ja auch der Protest eine Form des Ernstnehmens der Autorität ist. Andernfalls würde man sich überhaupt nicht um Anordnungen kümmern und sie einfach ignorieren.
Also, ich wusste ja oft selbst nicht so recht, ob man eine Sache so oder anders regeln kann. Dann habe ich mich halt als Lehrerin für eine Möglichkeit entschieden, und das ist meist von den Schülern und den Eltern wie ein höherer Spruch aufgefasst worden - da bin ich richtig erschrocken, weil ich mir anfangs selbst nicht recht zugetraut habe, Befehle zu erteilen und die Richtung vorzugeben. Ich bin erschrocken, weil ich gemerkt habe, wie leicht eine Klasse zu lenken ist, wenn man es versteht. Aber daran habe ich mich dann sehr schnell gewöhnt.
Dieser Beitrag hat mich an diese komischen Gefühle in der Anfangszeit erinnert, und Carola Fortschritt sagt da etwas sehr Wahres, man kann schon das Gruseln kiregen.
 
von Ursula Prasuhn (19. Februar 2012, 20:00):
Ja,liebe Lehrerin , besonders Kinder und Jugendliche zeigen durch Protest, wie ernst sie die Autorität von Lehrern oder Eltern nehmen. Sie versuchen diese durch Aufmüpfigkeit geradezu herauszukitzeln.
Fehlende Autorität macht jungen Menschen schwer zu schaffen. Sie liefert sie ihrer Unruhe, ihrer Spontaneität, ihrer Unkonzentriertheit oder auch Ziellosigkeit aus. Sie wissen nicht, wohin mit sich selbst und ihren Kräften, wenn da nicht eine Autorität ist, die ihnen Einhalt gebietet und zeigt, wo’s langgeht.
Die „neue“ Pädagogik hat es verstanden, aus Lehrern mit Autorität „autoritäre“ Lehrer zu machen und somit den positiven Autoritätsbegriff ins Negative zu ziehen und mit Misstrauen zu besetzen. Viele Erwachsene trauen sich kaum mehr, Kindern etwas abzuverlangen, sie zu schelten oder gar zu strafen. Zutiefst verunsichert durch falsche Erziehungsideologien glauben sie, man müsse Kindern alles einsichtig machen, dann würden sie schon das Richtige tun. Nein, Kinder sind zwar gewillt, das Richtige tun, doch es fehlt ihnen noch oft an der nötigen Selbstdisziplin, die Absicht auch in die Tat umzusetzen. Darum brauchen sie Erwachsene mit Autorität, die sich durchzusetzen wissen – auch mit Sanktionen. Durch äußere Disziplin lernen Kinder die innere. Und das Tollste an der Selbstdisziplin ist, dass sie zufrieden macht und von Missmut befreit. Schulklassen, die von Lehrern mit Autorität geführt werden, können sich glücklich schätzen.
Mein Enkel geht in die zweite Klasse und liebt seine Lehrerin über alles. Für sie gibt er sich Mühe mit den Hausaufgaben, für sie strengt er sich im Unterricht an, für sie benimmt er sich mustergültig – für sie tut er überhaupt alles, was er sonst nur ungern täte, weil er ein echter Lausebengel ist, der es mit vielem nicht so genau nimmt. Sogar die Ferien sind ihm meist zu lang, weil er so gern zur Schule geht.
Wenn ich mit ihm über seine Lehrerin spreche, wird immer wieder deutlich, wie sehr er ihre natürliche Autorität schätzt, ihre selbstverständlichen Anforderungen und Erwartungen, wie sehr er sie geradezu braucht für seine Schullust. Was die Lehrerin sagt und tut, ist für ihn richtig und wichtig - auch tadelnde Worte oder Sanktionen. Ohne sie hätte er wahrscheinlich sogar Zweifel an ihrer Autorität und Führungskraft.
So aber geht er jeden Tag fröhlich zur Schule und ich vermute mal, dass es den meisten Kindern seiner Klasse so geht wie ihm.
 
von Lehrerin 2 (20. Februar 2012, 19:46):
Liebe Kollegin,
mir ist es so ähnlich gegangen wie Ihnen. Ich war als Grundschullehrerin anfangs auch überrascht, wie gut sich eine Klasse führen lässt, wenn man für sich die richtigen Entscheidungen trifft. Hinter denen steht man dann auch viel konsequenter, weil sie auf dem eigenen Mist gewachsen sind, und die Kinder merken das auch und respektieren es.
Als Mentorin habe ich immer wieder erlebt, wie die Seminarleiter/innen Jungehrern schlaue Ratschläge zum Umgang mit den Kindern gegeben haben. Und diese haben versucht, alles in die Tat umzusetzen. Der Erfolg blieb oft jedoch aus, weil die jungen Kolleginnen mit den Ratschlägen nicht authentisch umgehen konnten. Zu ihrer Natur hätte besser etwas anderes gepasst, was sie sich selbst hätten trauen sollen. Eigene Wege zu gehen, ist meiner Meinung nach das A und O des Unterrichts, was nicht heißen soll, dass man sich nicht auch umschaut nach Rezepten, die zum eigenen Wesen passen.
 
von Lebensticker ... (21. Februar 2012, 17:57):
Du glaubst gar nicht, was du heute wieder alles verpasst hast. Deine Enkelkinder bei der badischen Fasnacht. Goldig - zum Knutschen. Tut mir leid, dass du sooooooooo weit weg von dem realen Leben bist .................
 

Nach oben

Tagebucharchiv:
März 2017
Februar 2017
November 2016
September 2016
Mai 2016
April 2016
März 2016
Februar 2016
Januar 2016
November 2015
Oktober 2015
August 2015
Juli 2015
Juni 2015
Mai 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Dezember 2014
November 2014
Oktober 2014
September 2014
August 2014
Juli 2014
Mai 2014
März 2014
Januar 2014
Dezember 2013
November 2013
Oktober 2013
September 2013
August 2013
Juli 2013
Juni 2013
April 2013
März 2013
Februar 2013
Januar 2013
Dezember 2012
November 2012
Oktober 2012
September 2012
August 2012
Juli 2012
Juni 2012
Mai 2012
April 2012
März 2012
Februar 2012
Januar 2012
Dezember 2011
November 2011
Oktober 2011
September 2011
August 2011
Juli 2011
Juni 2011
Mai 2011
April 2011
März 2011
Februar 2011
Januar 2011
Dezember 2010
November 2010
Oktober 2010
September 2010
August 2010
Juli 2010
Juni 2010
Mai 2010
April 2010
März 2010
Februar 2010
Januar 2010
Dezember 2009
November 2009
Oktober 2009
September 2009
August 2009
Juli 2009
Juni 2009
Mai 2009
April 2009
März 2009
Februar 2009
Januar 2009
Dezember 2008
November 2008
Oktober 2008
September 2008
August 2008
Juli 2008
Juni 2008
Mai 2008
April 2008
März 2008
Februar 2008
Januar 2008
Dezember 2007
November 2007
Oktober 2007
September 2007
August 2007
Juli 2007
März 2007
Februar 2007
Januar 2007
Dezember 2006
November 2006
Oktober 2006
September 2006

Veranstaltungen:



[ Seite weiterempfehlen | Seite zu Favoriten hinzufügen | Druckversion dieser Seite anzeigen ]