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Von der Geduld

 
14. August 2013
Von der Geduld
Kategorie: Besinnliches

Geduld ist eine Haltung und zugleich Handlung. Sie muss erworben werden und ist ein stetiger Akt der Selbstüberwindung, sagt Peter Heintel in seinem Buch „Innehalten“ (Innehalten, Gegen die Beschleunigung - für eine andere Zeitkultur, Herder Verlag, Freiburg 1999)
Geduld ist Selbstüberwindung. An Geduld fehlt es nicht nur Kindern, sondern auch uns Lehrern. Wir fühlen uns als Wissende und „wähnen uns schon an den Ort angelangt, wohin wir die Schüler, die Studenten hinbringen wollen. Wir treten also anscheinend auf der Stelle, während andere noch mühsam Hindernisse bewältigen müssen. Ihre Mühe werten wir oft als Widerstand, als gegen uns und unser Bestreben gerichteten Angriff. Oder wir legen als Begriffsstutzigkeit aus, was sich auf unfreiwilligen Umwegen plagt. Der schon Wissende versteht nicht mehr, wie schwer es ist, in seinen Bezirk zu kommen, für ihn ist alles so klar, so evident, so einsichtig. Seinen eigenen Weg hierher hat er vergessen und nimmt in ihm kein Maß für andere. Vielleicht will er ihnen auch eigene Plagen ersparen und den Königsweg legen. Weitergabe soll eben eine Gabe sein, der man ihr Zustandekommen, ihre Geschichte nicht mehr ansieht. Gabe erwartet Dank - eine Form davon ist schnelles Begreifen und Nachvollziehen.
Der Weg zum Wissen ist aber verschlungen, und man lernt nie in Resultaten. Zusammengepackte Einzelportionen, die so als Ende dastehen, sind nicht genießbar, und stark ist die Verführung zur Zerstreuung.“ (Heintel )

Ohne Muße gibt es kein Nachdenken. Blinder Aktionismus und Vernunft sind ein Widerspruch. Ohne Vernunft aber ist keine Zukunftsplanung möglich. Auch die Frage nach dem Gut oder Böse, dem Richtig oder Falsch kann ohne Nachdenken nicht mehr beantwortet werden, ja sie wird übehaupt nicht mehr gestellt. Wir müssen uns darüber im klaren sein, dass hiermit der Weg in die Kulturlosigkeit, in die Barbarei beginnt.

Gottes Mühlen mahlen langsam, so heißt ein überliefertes Sprichwort. Es stammt aus der Zeit, in der die Herstellung des täglichen Brotes noch viel Arbeit, Zeit und Geduld verlangte. In unserer modernen Welt muss niemand warten, ehe er sich an Brot sattessen kann. Alles ist jederzeit verfügbar. Wird dies so bleiben? Die Herstellung gewisser Güter ist auch heute zeitraubend und mühsam, nach wie vor. Dazu gehören geistige Güter und Tüchtigkeit im praktischen Handeln. Ob Sport, Musik, Handwerken oder akademisches Studium: wahrhaftiges Lernen ist nicht leichter geworden, und schneller geht es auch nicht. Arbeitsteilung (Gruppenarbeit), schablonierte Aufgabenstellungen (Multiple Choice usw.) und schließlich der Computer verhelfen nur scheinbar zu schnelleren Ergebnissen. Verständnis erwächst nur dem, der sich auf das Üben einlässt. Und dazu braucht man Zeit und Geduld. Ein hohes Tempo mag in einigen Lebensbereichen von Vorteil sein sein, beim Lernen ist es von Übel. Das dürfen wir nicht vergessen.

Verena Katerle


 

 



Kommentare zu diesem Beitrag:
von Angelika (19. August 2013, 21:36):
"Verständnis erwächst nur dem, der sich auf das Üben einlässt. Und dazu braucht man Zeit und Geduld."
Nur zu wahr, liebe Frau Katerle!
Zur Geduld kann ich mich zwingen, doch leider schenkt mir und meinen Schülern niemand die Zeit, die wir für gründliches Üben brauchten.
Die Unterrichtsfächer werden immer mehr vollgestopft mit Themen, die mehr ideologisch bzw. politisch gewollt sind als im Interesse der Schüler und ihres späteren Fortkommens liegen.
Schule ist leider nicht mehr das, was sie mal war. In ihr blühen und gedeihen Fremdinteressen, deren Vertreter allerdings behaupten, nur den Schülern und deren guter Bildung dienen zu wollen.
Nie wäre ich Lehrerin geworden, hätte ich gewusst, welch perfidem System von Schmarotzern ich eines Tages würde dienen müssen.
Glücklicher Weise ist meine Pensionierung nicht mehr fern.
 
von Katerle (20. August 2013, 21:25):
Liebe Angelika,
wo man sehr enttäuscht wird, wartet die Verbitterung um die Ecke ... lassen wir sie stehen! Das System können wir nicht ändern, aber immer noch können Sie die Tür des Klassenzimmers hinter sich zumachen und - wenigstens ansatzweise - tun, was Sie für richtig halten. Man kann sich gegenüber den Anmaßungen einer wildgewordenen Schulbürokratie dumm stellen, auch das hilft weiter. Die meiste Kraft benötigt man jedoch leider, um sich gegen die eigene Kollegenschaft zu wehren. Darunter finden sich immer einige Hundertzehnprozentige, die vorauseilenden Gehorsam üben und damit die Richtung vorgeben, denen die meisten zwar widerwillig, aber schweigend folgen.
Bewahren Sie ihren Humor!
Alles Gute, Verena Katerle
 
von Lehrerin (21. August 2013, 18:53):
Das, was Sie über den größten Kraftaufwand schreiben, Frau Katerle, kann ich nur dick unterstreichen.
Wenn es bei den Lehrern kollegialer zuginge und sich die "Hundertprozentigen" mehr nach rationaler und emotionaler Intelligenz richteten, wäre für alle Beteiligten viel gewonnen. Auch für die Schüler.
 

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