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Kinder: überfordert und unterfordert zugleich

 
28. April 2009
Kinder: überfordert und unterfordert zugleich
Kategorien: Schule | Erziehung

Kinderschutz, Eigennutz, Nutzlosigkeit

Vor etwa zweihundert Jahren wurden Kinder als kleine Erwachsene begriffen, und man steckte sie in Erwachsenenkleider. Was die Kleidung betrifft, hat sich vieles geändert, bequem, pflegeleicht und kindgerecht sind die Sachen zum Anziehen.
Während unsere Gesellschaft Kindern einerseits den Status zugesteht, dem größtmögliche Rücksicht gebührt, überfordert sie den Nachwuchs in anderen Bereichen. Diese Feststellung bedarf der Erklärung.  

Unterforderung
Von jeglicher Arbeit und vielen täglichen Pflichten verschonen wir unsere Kinder; ja, wir möchten sie am liebsten den Ernst des Lebens überhaupt nicht spüren lassen. Wir bereiten ihnen alles auf, vom Essen bis zum Lernstoff. Wir kutschieren sie mit dem Elterntaxi von einem kulturellen Event zum anderen, wir überhäufen sie mit Geld und Gegenständen, damit sie sich nur ja nicht langweilen und überall mit dabeisein können. (Unbewußt pflegen wir die Erwartung, unsere Kinder würden uns dies danken. Weshalb aber sollten sie das tun? Da steht manch böse Überraschung ins Haus.) Hiermit ist das Wesen der Unterforderung grob umrissen.

Überforderung
Die vielfach sich in erzieherischen Programmen offenbarende Erwartung, Kinder seien in kulturelle, sittlicher und intellektueller Hinsicht bereits gefestigt wie lebenserfahrene Erwachsene, und wüßten daher genau, was sie wollten und was nicht, ist — man möge mir dies offene Wort verzeihen — illusionär. Die moderne Pädagogik betrachtet Kinder für fähig, autonom entscheiden und handeln zu können, ganz so, als sei dies angeboren und benötige lediglich einen Freiraum zur Entfaltung. Wir erwarten von Kindern Entscheidungen, die mancher Erwachsene mit Bildungshintergrund und Lebenserfahrung nicht treffen kann. Dies ist Überforderung.

Das Gefühl der Nützlichkeit ist Bestandteil der Menschenwürde
Übertriebener Kinderstatus und -schutz hier — völlige Überschätzung da. Diese Diskrepanz verwirrt und ängstigt Kinder. Sie könnten diesen Widerspruch nicht formulieren. Aber seien wir gewiß: sie fühlen ihn. Gerade die besonders Sensiblen sind es, die besonders heftig reagieren: mit Lustlosigkeit, Widerspruch, Bockigkeit, körperlichen Beschwerden, Lernverweigerung, Aggressivität ... die Liste ließe sich fortführen.
Der Mensch will gebraucht werden und gefordert sein. Er will sich fügen und gleichzeitig innerhalb gewisser Grenzen seine Kraft und sein Können entwickeln. Das gilt für Erwachsene und Kinder gleichermaßen. Geben wir unseren Kindern nicht nur hübsche Kleider, geben wir ihnen auch Aufgaben, damit sie sich daran beweisen und geistig wachsen können! Seit Jahren wiederhole ich dies in Variationen. Neulich entdeckte ich einen Mitstreiter im Geiste, dessen Worte ich hiermit zitieren will:
»Der Einbezug in den Arbeitsalltag sollte nicht nur unter dem Gesichtspunkt der „Entwürdigung" des Kindes gesehen werden; denn das Gefühl der Nützlichkeit ist ein ganz wesentlicher Bestandteil der Menschenwürde. Natürlich sollte das Hineinwachsen in die Arbeitswelt nicht als Überforderung erlebt werden, aber es schadet nichts, wenn wir uns heute gelegentlich fragen, ob es wirklich menschenwürdig ist, junge Menschen im Alter von 4 bis 24 Jahren aus der Arbeitswelt auszuschließen und in Bildungsanstalten zu "kasernieren".« (Robert Nef. Behördliches Besserwissen. In: Schweizer Monatshefte Nr. 968, April 2009, Seite 28)

Karin Pfeiffer

 

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