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Der Weg gehört zum Ziel

 
04. Januar 2011
Der Weg gehört zum Ziel
Kategorie: Besinnliches

Reisen anno dazumal
»Was wir vom Reisen erwarten, ist Abenteuer und nicht Autos ... Eine Reise über 50 Meilen überraschte den Reisenden mit einer schier unendlichen Mannigfaltigkeit an neuen Eindrücken und bis dahin unbekannten Erfahrungen. Zu Fuß konnte man Abenteuern begegnen, Kurieren, Räubern, Händlern, Mönchen und hohen Herren, und da sie nicht vorüberflogen mit einer Geschwindigkeit von 130 km/h, wie es heutzutage passiert, konnte man ihnen nicht nur begegnen, sondern sie auch kennenlernen. Am Wege lagen rauchende Schmieden und stattliche Gasthöfe, Weinberge und Zinnbergwerke. Jede fremde Stadt war eine neue Welt mit anderen Gewohnheiten, Architekturen, Gesetzen und Fürsten. Schon das Gespräch mit Zöllnern brachte mehr Information als die Lektüre Dutzender moderner Reiseführer, deren Hauptanliegen übrigens ist, die Reisenden durch die Überreste der Vergangenheit zu führen. Auf einer 50-Meilen-Reise durchquerte man Welten, lernte neue Waren kennen und bekam Anregungen, die man niemals zuvor gekannt hatte. Um in eine unbekannte Gegend in einer Entfernung von 50 Meilen aufzubrechen, brauchte es weder Flugzeuge noch Kraftwagen.«

In derselben Zeit, die früher benötigt wurde, um 50 Meilen zurückzulegen, werden heute 500 Meilen bewältigt. Was bringen uns die schnellen Autos und Flugzeuge an neuen Erfahrungen? Überraschen wird uns die Antwort nicht. »Wenn wir fast 5.000 Kilometer von New York nach Los Angeles reisen, finden wir den gleichen Stadttyp vor, den wir hinter uns gelassen haben. ... An Dingen, die vielleicht anders gewesen wären, sind wir vorbeigefahren, weil unsere Super-Schnellstraßen in einer solchen Weise eben und gerade gebaut sind, daß wir es nicht mehr schaffen, Zeit durch Langsamfahren zu verlieren.«
(Leopold Kohr, Das Ende der Großen, Seite 206)

Der Schulweg
War vormals der im Vergleich zu heute relativ kurze Schulweg voller »Abenteuer«, so zeigt er sich heute als langweilige Episode ohne wirkliche Abwechslung. Die Strecke vom Privatheim zum Schulgebäude wird in einem komfortablen Fahrzeug zurückgelegt. Die Fahrt bietet an sich keine Überraschungen, die Fahrgäste sind dieselben, die Strecke ist dieselbe, vom Leben ist der Passagier durch eine Glasscheibe getrennt. Passiv läßt das Kind den Transport über sich ergehen, vom Abenteuer des Unterwegsseins ist nichts zu spüren. Es trifft keinen Mann, der sich auf eine Krücke vorwärtsbewegt und dem fragenden Kind erzählt, daß er Schmerzen in der Hüfte hat; es findet keinen verlorenen Groschen, nach dem es sich bücken kann; es wird nicht das streunende Kätzchen streicheln können; es wird nicht beobachten, wie die Schneeglöckchen ihre Knospen täglich ein Stückchen weiter durch das erwachende Erdreich herausschieben.

Das autotransportierte Kind kommt nicht in Kontakt mit Wetter und jahreszeitlichen Naturphänomenen, es spürt weder Sonne noch Wind. Kann der junge Mensch vermissen, was er nicht kennt? Nein, so dürfen wir nicht fragen. Denn ganz sicher fühlt er, wenn ihm etwas Entscheidendes fehlt, auch wenn er nicht formulieren kann, was genau dies ist. Das Kind weiß nicht, was ihm durch die Fahrten zur und von der Schule entgeht. Es hält den Transport für normal, da es ja nichts anderes kennenlernen darf. 
Das Ziel verliert seinen Sinn, wenn wir den Weg dorthin nicht aus eigener Kraft zurücklegen. Ein Ziel ohne Weg beraubt ersteres seines tiefen Sinnes. Aber auch ein Weg ohne Ziel ist ohne Wert. Beides gehört zusammen.
Wer Kinder für das Leben stark, klug, herzensgebildet und sensibel für sich und andere machen will, sollte ihnen die Möglichkeit verschaffen, notwendige Wege so oft wie möglich aus eigener Kraft zurückzulegen.

Karin Pfeiffer

 

 

 


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